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Ein Bundesminister der Verteidigung kann sich nicht in eine Rolle begeben, wo er etwa die Qualität von Ermittlungen nachvollzieht oder gar selber Ermittlungen anstellt. Sonst kann er seine Amtstätigkeit mit sofortiger Wirkung einstellen. Die Einsicht währte nur kurz. Zur abendlichen Anhörung war auch Staatssekretär Waldemar Schreckenberger herbeigeeilt, der Chef des Bundeskanzleramtes.
Am folgenden Morgen gab Wörner dem Schweizer Homosexuellen-Schriftsteller Alexander Ziegler im Ministerium die Ehre. Auf seine Bitte wieder mit von der Partie, wenngleich nur für 20 Minuten: Kanzler Kohls Schreckenberger. Eine Entdeckung seiner privaten Ermittlungen fürchtete der Minister nicht, für beide Gespräche war strikte Diskretion vereinbart.
Doch am Dienstag letzter Woche lüftete Ziegler selber das Geheimnis, das Wörner so gern gehütet hätte. Ausführlich schilderte Wörners Gast in einem Interview zudem seinen Auftritt in Bonn. Schlagzeile: »Alexander Ziegler sagt, warum er Minister Wörner retten will.
Das Echo auf die Enthüllung war verheerend. Fassungslos fragten sich Wörners Parteifreunde, wie sich der Minister auf ein solches Schmierenstück hatte einlassen können. Wörners Blamage war komplett, sein Abgang schien bestenfalls eine Frage von Tagen zu sein.
Nach allem, was der feine Zeuge Ziegler letzte Woche sonst noch erzählte, blieb den Hardthöhen-Strategen nur das kleinlaute Eingeständnis des Versagens. Wörners Adjutant Klaus Reinhardt: »Wir sind voll geleimt worden. Die Ticker-Meldung über die »Blick«-Enthüllung bekamen Staatsminister Philipp Jenninger und Ministerialdirektor Eduard Ackermann im Kanzleramt am Dienstagmittag vorgelegt - da war der Kanzler gerade in Richtung Israel entschwunden.
So wurde der Skandal Wörner zum Fall Kohl. Begonnen hatte Kohls Verstrickung in die Affäre Wörner am Mittwoch und Donnerstag vorletzter Woche. Da hatte Schreckenberger selbstversunken und versonnen Stunde um Stunde in der für die Geheimdienstaufsicht zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission des Deutschen Bundestags gesessen, hatte die unergiebige Vorführung der Rechercheure des Militärischen Abschirmdienstes miterlebt und war daher sehr gerne auf einen Vorschlag des Kölner Kripochefs Manfred Gundlach eingegangen: Da die Vernehmung der MAD-Leute nichts Rechtes gebracht habe, solle sich Schreckenberger zwei Zeugen aus der Kölner Szene doch einmal selber anhören.
Beide Kölner hatten schon gelegentlich Kontakte zu Parteipolitikern: Erlenhardt hat die »Partei der Homophilen« gegründet, August war im letzten Oktober Mitgründer und ist jetzt Generalsekretär der rechten Bewegung »Die Christlich-Konservativen«, die sich als Ziel gesetzt hat, »die geistige Wende der Bundesrepublik zu manifestieren«.
Zurück im Kanzleramt, erstattete Schreckenberger seinem Kanzler Bericht über seine Erlebnisse im Verteidigungsministerium. Der Kanzler erkannte offenbar die Brisanz der privaten Ermittlungen nicht.
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Er hörte seinen »Schrecki« an, er stauchte ihn nicht wegen der Homo-Recherchen zusammen und warnte ihn auch nicht vor dessen weiterer Beteiligung am nachträglichen Beweissammeln. So fand auch Schreckenberger nichts dabei, als er anderntags die Bitte seines Verhör-Kollegen Wörner um Beihilfe an der Einvernahme des Schweizers Ziegler annahm.
Weder der Koordinator der westdeutschen Geheimdienste noch der Herr der Hardthöhe machten sich die Mühe, vorher Erkundigungen über die farbige Persönlichkeit des Zeugen einzuziehen. Auch nach dem zweiten Abstecher ins Verteidigungsministerium informierte »Schrecki« seinen Kanzler.
Kein böses Wort, ob sie denn von allen guten Geistern verlassen seien und ob sie denn nicht die politischen Gefahren sähen, die für den Kanzler und die Regierung entstünden, wenn sich Verteidigungsminister und Kanzleramtsstaatssekretär selber im Homo-Milieu tummelten.
Die Herren wähnten sich in Sicherheit, es war ja Stillschweigen vereinbart worden; und erst, als das gebrochen war, bekannte der gelernte Rechtsprofessor kleinlaut: So war''s. Er habe Wörner das Gefühl geben wollen, das Kanzleramt stehe hinter ihm und lasse ihn nicht im Stich.
Da hilft nur beten. So dachten viele in Bonn, in der Union ebenso wie bei den Freidemokraten.